Tausche Reithose gegen Klopapier

Presseartikel vom 20.01.2012

Quelle: shz

Die Tauschbörsen-Nutzer lassen sich einiges einfallen, um ungeliebte, nicht passende oder doppelt geschenkte Dinge loszuwerden. Foto: sh:z

Tauschgeschäfte statt überquellender Mülltonnen: Die Abfallwirtschaft Schleswig-Flensburg (ASF) bietet eine kostenlose Gebrauchtbörse im Internet an. Das Ziel: Weniger Abfall auf den Recyclinghöfen.

Schleswig-flensburg.
"Wohnwand Eiche rustikal" aus Stangheck, "Fensterflügel, doppelt verglast" aus Kappeln, ein Waschbecken aus Stoltebüll oder vielleicht ein Hundekissen aus Lindewitt? Wer eines dieser Dinge - bewerte man sie nun als schön, ausgefallen oder einfach nützlich - sein Eigen nennen möchte, der ist keinesfalls gezwungen, im Internet die Auktionsplattform "Ebay" aufzurufen. Und Geld benötigt man auch nicht einmal. Diese und andere Objekte sind in der Tauschbörse der Abfallwirtschaft Schleswig-Flensburg (ASF) zu finden - ein Angebot, das schon seit zehn Jahren existiert, und auch von vielen Menschen genutzt wird, doch eigentlich nie größere Bekanntschaft erlangt hat.

"Wir haben die Tauschbörse nie aktiv beworben", sagt Gabriele Dunker-Ul brich, Pressesprecherin und Prokuristin der ASF. Dabei verfolgt jene Börse ein zukunftsorientiertes, lobenswertes Ziel: Sie soll helfen, Abfall zu vermeiden. Mit dem Angebot sollen nicht nur die Mülltonnen, sondern auch die Recyclinghöfe und die Sperrmüllentsorgung im Kreis entlastet werden. Vor allem zurzeit, in den Wochen nach Weihnachten, erlebt die Tauschbörse einen regelrechten Boom, denn viele Menschen wollen doppelt geschenkte Drucker oder Barbies, nicht gewollte Mixer oder zu große Hosen loswerden.

Kaffee gegen Bananenkartons

In der Tauschbörse kann im Grunde alles angeboten werden: Ob Technik, Garten, Baumaterial, "Für Kinder", Computer, Möbel, Haushaltsgeräte, Hi-Fi oder Hobby - in einer dieser Kategorien dürfte jedes Objekt, das aus dem eigenen Haushalt verschwinden soll, einen Platz finden, um wiederum ein neues Zuhause zu finden. Wer in der Börse etwas anbietet, muss dafür nichts bezahlen, und auch, wenn man dort etwas entdeckt hat, das man gern haben möchte, müssen dafür keine Euros fließen - die Tauschbörse funktioniert vollkommen geldlos, denn hier wird eben nicht gekauft, sondern getauscht.

Wer dort aktiv ist, muss aber nicht unbedingt etwas tauschen wollen. Man kann dort auch nach Dingen suchen oder etwas schlicht verschenken. Egal wie - laut Dunker-Ulbrich sind die Nutzer sehr erfinderisch. "Es wird oft etwas ganz Einfallsreiches für den Tausch angeboten, zum Beispiel zwei Tüten Kartoffelchips, da kommen die Nutzer wirklich auf die witzigsten Dinge. Die kriegen das ideell in den Griff." Wohl wahr: Eine Dame aus Kropp etwa tauscht dort die Reithose ihrer Tochter, die dafür "doch noch etwas zu kurz" sei. Ihre Idee: "Tausche die Hose gegen acht Pakete dreilagiges Klopapier. Das macht also 64 Rollen (grins). Muss nicht von Zewa sein. Billiges tut’s auch." Ein weiterer Nutzer aus Kropp will 50 Umzugs- und Bananenkartons loswerden. Was er dafür haben will? "Zwei Packungen Kaffee Mild von Aldi à 500 Gramm."

14.481 Besucher im Januar

Nicht nur die Abfallvermeidung, auch die Frage "Warum etwas wegwerfen, wenn ein anderer es noch gebrauchen könnte?" steht als eine Art Leitsatz hinter der Börse. Und neben der Tatsache, dass man kein Geld benötigt, birgt das ASF-Angebot einen weiteren besonderen Vorteil im Gegensatz zu Angeboten wie "Ebay": Die Wege sind kurz. Mal eben von Handewitt nach Lindewitt zu fahren, um das Objekt der Begierde persönlich abzuholen - eine unkomplizierte Angelegenheit. "Ebay blenden wir vollkommen aus. Wer darüber etwas anbieten oder beziehen möchte, der wird das weiterhin tun", sagt Dunker-Ulbrich. "Wir haben hier einfach eine feine lokale, regionale Möglichkeit geschaffen - einen eigenen kleinen Markt. Da bilden wir uns auch gar nicht ein, mit Ebay in Konkurrenz treten zu können, das ist eine ganz andere Hausnummer."

Laut der Pressesprecherin wird besonders viel Mobiliar und Kinderspielzeug getauscht. Das ganze Jahr über gehe es in der Börse geschäftig zu: Monatlich würden von den Nutzern im Schnitt 30 bis 50 Inserate eingestellt. Die ASF-Homepage an sich werde im Monat von durchschnittlich 8000 Nutzern besucht. "20 bis 30 Prozent davon werfen einen Blick in die Tauschbörse", so Dunker-Ulbrich - also 1600 bis 2400 der ASF-Surfer. Im Januar 2011 habe man sogar eine Zahl von 14.481 Besuchern verzeichnet. "Im Januar geht’s immer ab."

Dunker-Ulbrich weist darauf hin, dass an den Kreisgrenzen keinesfalls Schluss ist: Neben der ASF bieten auch andere Abfallwirtschaftsgesellschaften in Schleswig-Holstein auf ihren Homepages eine Gebrauchtbörse an. Sogar direkt in der Börse der ASF kann man die Angebote aus zahlreichen anderen Kreisen durchforsten. Die Tauschbörse, sagt Dunker-Ul brich, habe in all den Jahren nie an Beliebtheit verloren - weshalb auch noch nie da ran gedacht worden sei, sie einzustellen. Ob also ungeliebt, ungebraucht, nicht passend oder doppelt - wer etwas loswerden will, kann dort sein Glück versuchen. Originelle, kreative Tauschangebote sind stets willkommen.

Auf die Tauschbörse gelangt man über einen Link auf der Homepage der ASF: www.asf-online.de.