Wohin mit dem dänischen Biomüll?

Presseartikel vom 15.08.2012

Quelle: shz

EU schreibt Verwertung der Rohstoffe ab 2015 vor / Skandinavische Nachbarn prüfen Kooperation mit dem Kreis und Flensburg schleswig-Flensburg

Wenn jemand in Deutschland eine Bananenschale wegwerfen möchte, stehen die Chancen gut, dass sie den Weg in die Biotonne finden wird. In Dänemark landet Selbige jedoch einfach im normalen Restabfall. Da aber die EU ab 2015 ihren Mitgliedern und damit auch den Dänen vorschreiben wird, ihren Biomüll gesondert zu sammeln und zu entsorgen, muss das Land nun Maßnahmen ergreifen. Dabei ist auch eine Zusammenarbeit mit deutschen Müllmännern denkbar.

„Im Moment wird in Dänemark nichts mit dem Biomüll gemacht“, sagt Bjarke Korsager vom dänischen Abfallwirtschaftsunternehmen Arwos. Essensreste und anderer biologischer Müll werden einfach zusammen mit den restlichen Abfällen entsorgt. Das macht aber auch keinen großen Unterschied, denn während die Mülltrennung in Deutschland bereits flächendeckend vorgenommen wird, haben die Dänen ein anderes System, wie Korsager erklärt: „Die Kommunen haben unterschiedliche Sammelsysteme, aber am Ende wird alles zur Energiegewinnung verbrannt“, erklärt der Arwos-Experte. Da die dänischen Verbrennungsöfen keine fossilen Brennstoffe verwenden, seien sie sehr umweltschonend und haben in den vergangenen 20 Jahren die Mülldeponien des Landes ersetzt, erklärt er. Mit der gewonnenen Energie wird hauptsächlich das Fernwärmenetz gespeist.

Die EU-Direktive zur getrennten Biomüll-Behandlung beschäftigt die Dänen daher sehr. Zwar könnte eine Behandlungsanlage, wie zum Beispiel eine Biogasanlage, durchaus schnell gebaut werden, aber es gibt ein Problem: „Die Bewohner der Region Sønderjylland produzieren allein nicht genug Biomüll, um eine eigene Anlage effektiv zu betreiben“, sagt Ralph Hohenschurz-Schmidt von der Abfallwirtschaft Rendsburg-Eckernförde (AWR). Mit Voraussicht auf die erzwungene Umstellung hat sich daher die Abfallwirtschaft Arwos mit der AWR zusammengetan, um eine mögliche gemeinsame Müllentsorgung für das gesamte Gebiet Sønderjylland-Schleswig in einer Studie zu prüfen. Die Studie soll herausfinden, wie viel Biomüll in der Grenzregion produziert wird, um danach eine Strategie für den Zeitraum ab 2015 zu entwickeln.

Dem Kreis Schleswig-Flensburg würde eine gemeinsame Behandlungsanlage nur allzu gut passen, denn wie es der Zufall will, gibt es dort das gleiche Problem. „Unsere Menge an Biomüll reicht auch nicht für eine eigene Anlage aus“, erklärt Gabriele Dunker-Ulbrich, Pressesprecherin der Abfallwirtschaft Schleswig-Flensburg (ASF). Bislang werden die Bioabfälle aus dem Kreisgebiet zu einer Anlage in Borgstedt gebracht, die von der AWR betrieben wird. „Eine neue Anlage im Kreis wäre daher für beide Grenzregionen sinnvoll“, sagt Dunker-Ulbrich. Wie viel Tonnen Biomüll anfallen müssten, um eine eigene Anlage betreiben zu können, soll die Studie jetzt klären. Fakt ist, dass zurzeit 22 000 Biomülltonnen von privaten Haushalten im Kreisgebiet genutzt werden. Die fast 200 000 Einwohner der Region sammeln darin jährlich 7 900 Tonnen Biomüll.

Wo genau so eine neue Anlage aber stehen könnte, weiß noch niemand. „Das Projekt steckt noch in den Kinderschuhen“, meint Dunker-Ulbrich. Dennoch sind schon jetzt weitere Vorteile absehbar. Kürzere Transportdistanzen sparen Geld, und die in der Behandlungsanlage entstehende Energie könnte zur Strom- und Wärmeproduktion für die Region genutzt werden. Einen möglichen Standort bringt Hohenschurz-Schmidt ins Spiel. „Flensburg schickt seinen Biomüll zu einer Anlage in Mecklenburg-Vorpommern. Auch in der Fördestadt würde man sich wohl über so eine Anlage vor der eigenen Haustür freuen“, meint der AWR-Pressesprecher. Auch in diesem Punkt ist aber noch nichts entschieden. „Es wäre ein Hammer, wenn wir einen Platz in Flensburg bekämen“, sagt Hohenschurz-Schmidt, aber voreilige Schlüsse sollte niemand ziehen, denn: „Mit der Studie wird ja erst begonnen.“ Ob eine Zusammenarbeit organisatorisch überhaupt zu stemmen ist, soll die Studie, die unter Mithilfe der technischen Universität Dänemark erarbeitet wird, ebenfalls klären.

Am 23. August werden sich die beteiligten Unternehmen erneut zusammensetzen, um weitere Details zu besprechen. „Die Studie soll alle Kommunen der Region berücksichtigen“, erklärt Korsager. Allerdings hätten auch die deutschen Unternehmen dabei ein Mitspracherecht. „Die Deutschen wollen ihr System schließlich auch effektiver machen“, sagt der Arwos-Fachmann. Er selbst rechnet mit den ersten Ergebnissen im Jahr 2014.

Frederic Wanders